Corona: Hinweise zu Kurzarbeitergeld
Das Coronavirus hält Deutschland und vor allem die deutsche Wirtschaft in Atem. Ein Konjunkturpaket in Milliardenhöhe ist bereits beschlossen, doch viele Unternehmen haben bereits Kurzarbeit angemeldet. Was es dabei in Bezug auf die GKV zu beachten gilt, erfahren Sie hier.
Wie lange uns das Coronavirus noch beschäftigen wird, kann kein Experte fundiert abschätzen. Was allerdings jetzt schon fest steht, ist der schwerwiegende Einfluss der Pandemie auf die globale Wirtschaft. Finanzminister Scholz hat bereits umfangreiche Hilfen in Aussicht gestellt, um möglichst alle Arbeitsplätze zu erhalten. Auch Arbeitsminister Hubertus Heil hat reagiert. Im Eilverfahren wurde vom Bundestag ein Gesetzentwurf beschlossen der unter anderem den Zugang zu öffentlich finanziertem Kurarbeitergeld erleichtert.
Das sogenannte „Arbeit-von-morgen-Gesetz“ ermöglicht Kurzarbeitergeld bereits, wenn 10 Prozent der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sind. Es gilt auch für Leiharbeiter. Die Sozialbeiträge werden hierbei vollständig von der Bundesagentur für Arbeit (BA) übernommen. Die BA zahlt insgesamt 60 Prozent des ausgefallenen Nettolohns, bei Arbeitnehmern mit Kind sogar 67 Prozent. Auch aus Sicht der Krankenkasse ergeben sich bei Kurzarbeitergeld einige Besonderheiten, die es zu beachten gilt. Eine Übersicht der, aus unserer Sicht, wichtigsten Begriffe und Regelungen haben wir in diesem Artikel für Sie zusammengestellt:
SOLL-Entgelt
Soll-Entgelt ist das Bruttoarbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer ohne den Arbeitsausfall und vermindert um Entgelt für Mehrarbeit in dem Anspruchszeitraum erzielt hätte.
IST-Entgelt
Ist-Entgelt ist das in dem Anspruchszeitraum tatsächlich erzielte Bruttoarbeitsentgelt des Arbeitnehmers zuzüglich aller ihm zustehenden Entgeltanteile (einschl. der Entgelte für Mehrarbeit). Bei der Ermittlung von Soll-Entgelt und Ist-Entgelt bleibt Arbeitsentgelt, das einmalig gezahlt wird, außer Betracht.
Grundsätzlich sind die Sozialversicherungsbeiträge (KV, RV, AV, PV) je zur Hälfte vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu tragen. Ist ein Arbeitnehmer kinderlos trägt dieser den Pflegeversicherungszuschlag von 0,25 % allein.
FIKTIV-Entgelt
Der Arbeitgeber allein trägt die Beiträge aus der Bruttoentgeltdifferenz. Hierbei handelt es sich um das ausgefallene Arbeitsentgelt. Die Bruttoentgeltdifferenz ermittelt sich aus dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt.
Wird vom Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld bezogen, ermitteln sich die Beiträge zur KV, PV, RV und kassenindividueller Zusatzbeitrag aus dem Fiktiv-Entgelt. Diese Beiträge trägt der Arbeitgeber alleine.
Fällt in die Berechnung ein Beitragszuschlag für Kinderlose in der Pflegeversicherung an, entfällt dieser nicht auf den Arbeitgeber. Die Bundesagentur für Arbeit übernimmt eine Abführung der Pflegeversicherung in pauschaler Höhe.
Versicherungsfreie Arbeitnehmer – freiwillig gesetzlich oder privat versichert
Ist ein Arbeitnehmer aufgrund seines Verdienstes über der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei, ist dieser entweder privat oder gesetzlich freiwillig versichert. In beiden Konstellationen zahlt der Arbeitgeber einen monatlichen Beitragszuschuss.
Ist ein Arbeitnehmer freiwillig gesetzlich versichert, bemisst sich der Beitragszuschuss aus der Höhe des Betrags, den der Arbeitgeber zu tragen hätte, wenn dieser krankenversicherungspflichtig wäre.
Wird Kurzarbeitergeld bezogen, erfolgt die Ermittlung aus dem Ist-Entgelt in Höhe von 7,3 % zur Krankenversicherung (hälftiger Beitragssatz) und des hälftigen kassenindividuellen Zusatzbeitrags. Aus dem Fiktiv-Entgelt ermittelt sich der Krankenversicherungsbeitrag aus 14,6 % (voller allgemeiner Beitragssatz) und des kassenindividuellen Zusatzbeitrags. Der Arbeitgeber trägt aus dem Fiktiv-Entgelt die Beiträge vollständig.
Auch bei privat versicherten Arbeitnehmern findet der hälftige Beitrag zur Krankenversicherung bei der Beitragsberechnung aus dem Ist-Entgelt Anwendung. Aus dem Fiktiv-Entgelt wird ebenfalls der volle Beitrag zur Krankenversicherung als Zuschuss angewandt. Die Ausnahme bildet beim Fiktiventgelt der durchschnittliche Zusatzbeitrag von 1,1 % (Stand 2020). Dieser ist auch bei einem privat versicherten Arbeitnehmer zu ermitteln. Der Beitragszuschuss zur privaten Krankenversicherung wird höchstens in der Höhe des Beitrags zur privaten Krankenversicherung gezahlt.
Der Beitragszuschuss zur Pflegeversicherung ermittelt sich identisch. Der Beitragszuschlag für Kinderlose wird nicht berücksichtigt.
Berechnungsbeispiel - freiwillig versicherter Arbeitnehmer
Soll-Entgelt 6.200,00 EUR
Ist-Entgelt 3.100,00 EUR
Fiktiv-Entgelt (bis zur BBG) 1.587,50 EUR
Ermittlung Beitragszuschuss
Ist-Entgelt (3.100,00 EUR x 7,3 %) 226,30 EUR
Zusatzbeitrag (3.100,00 EUR x 0,55 %) 17,05 EUR
Fiktiv-Entgelt (1.587,50 EUR x 14,6 %) 231,78 EUR
Zusatzbeitrag Fiktiv-Entgelt (1.587,50 EUR x 1,1 %) 17,46 EUR
Beitragszuschuss lfd. Monat 492,59 EUR
Berechnungsbeispiel - privat versicherter Arbeitnehmer
Soll-Entgelt 6.200,00 EUR
Ist-Entgelt 3.100,00 EUR
Fiktiv-Entgelt (bis zur BBG) 1.587,50 EUR
Prämie private KV, mtl. 420,00 EUR
Ermittlung Beitragszuschuss
Ist-Entgelt (3.100,00 EUR x 7,3 %) 226,30 EUR
Zusatzbeitrag (3.100,00 EUR x 0,55 %) 17,05 EUR
Fiktiv-Entgelt (1.587,50 EUR x 14,6 %) 231,78 EUR
Zusatzbeitrag Fiktiv-Entgelt (1.587,50 EUR x 1,1 %) 17,46 EUR
Beitragszuschuss lfd. Monat 492,59 EUR
Prämie private KV 420,00 EUR < ermittelter Beitragszuschuss 492,59 EUR
Der privat versicherte Arbeitnehmer erhält einen Betrag von 420,00 EUR als Beitragszuschuss, da der ermittelte Beitragszuschuss die Höhe der mtl. Prämie zur privaten Krankenversicherung übersteigt.
Beurteilung Versicherungsstatus
Ein bei vorliegender Versicherungsfreheit nur vorübergehendes Unterschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze, das ohne Auswirkungen auf den Versicherungsstatus bleibt, wird nur in engen Grenzen für zulässig und vertretbar erachtet und ist auf wenige Sachverhalte beschränkt.
In Betracht kommen im Wesentlichen die Fälle der Kurzarbeit (mit Ausnahme des Bezugs von Transferkurzarbeitergeld) und der stufenweisen Wiedereingliederung in das Erwerbsleben. In diesen Fällen bleibt der Versicherungsstatus für die Dauer des jeweiligen Tatbestandes unverändert. Dies ist gerechtfertigt, da das aus Anlass der Kurzarbeit oder der Wiedereingliederung ausfallende regelmäßige Arbeitsentgelt durch eine Entgeltersatzleistung (Kurzarbeitergeld bzw. Krankengeld) ersetzt wird und der eigentliche Entgeltanspruch dem Grunde nach unberührt bleibt.
Darüber hinaus lässt eine zeitlich befristete Minderung des laufenden Arbeitsentgelts bei absehbarer Rückkehr zu den oder annähernd den Verhältnissen vor der Entgeltminderung die Versicherungsfreiheit dann fortbestehen, wenn die Entgeltminderung nur von kurzer Dauer ist und insofern bei einer Gesamtschau nicht von einem regelmäßigen (geminderten) Arbeitsentgelt ausgegangen werden kann.
Für eine Entgeltminderung von nur kurzer Dauer kann nicht auf starre Zeitgrenzen zurückgegriffen werden; sie ist in aller Regel jedoch anzunehmen, wenn die vorübergehende Minderung des Arbeitsentgelts nicht mehr als drei Monate ausmacht.
In diesen Fällen bleibt der Versicherungsstatus für die Dauer des jeweiligen Tatbestandes unverändert, auch wenn der Tatbestand über den Dreimonatszeitraum andauert.
Freiwilliger Arbeitgeberzuschuss zum Kurzarbeitergeld
Zahlt der Arbeitgeber einen freiwilligen oder tariflich bedingten Zuschuss zum Kurzarbeitergeld, ist dieser grds. beitragsfrei. Übersteigt das Kurzarbeitergeld mit dem Arbeitgeberzuschuss das ermittelte Fiktiventgelt, ist der Mehrbetrag beitragspflichtig und Beiträge zur Sozialversicherung sind zu ermitteln.
Meldepflichtiges Arbeitsentgelt
Das SV-Entgelt gilt als meldepflichtiges Arbeitsentgelt. Hierbei handelt es sich um das tatsächliche und fiktive Arbeitsentgelt. Wird ein Arbeitgeberzuschuss zum Kurzarbeitergeld bezahlt, ist dieser zum tatsächlichen Arbeitsentgelt hinzuzurechnen. Wird nur fiktives Arbeitsentgelt erzielt, gilt dieses als Sozialversicherungsentgelt.
Umlage U1 oder U2
Die Umlage U1 oder U2 wird nur nach dem tatsächlichen Arbeitsentgelt berechnet. Das fiktive Arbeitsentgelt bleibt unberücksichtigt.
Wie eingangs beschrieben stellt das Coronavirus die deutsche Wirtschaft auf eine harte Belastungsprobe. Es ist nicht auszuschließen, dass weitere Gesetze erlassen werden, um Unternehmen, Betriebe und Selbstständige zu unterstützen. Was mögliche Überschneidungen mit unserer Tätigkeit als Krankenversicherung betrifft, halten wir Sie selbstverständlich auf dem Laufenden. Darüber hinaus haben wir Ihnen hier eine Übersicht hilfreicher Links zusammengestellt.
Bundesministerium für Arbeit uns Soziales
Pressemitteilung "Arbeit-von-morgen-Gesetz"
Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK)
Veröffentlicht am:
Quelle: Ramona Grison, Kevin Schwarz